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29.06.2005, 16:49 | #61 (permalink) |
Gast
Beiträge: n/a
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AW: Todesstrafe
Argumentation perfekt. Respekt.
Die Todesstrafe würde ich nur bei wirklichen "Mostern" für angebracht halten. Wenn es wirklich darum geht einen Faktor zu beseitigen der viele andere Menschenleben Bedroht. So eine Art Kollateralschaden. Ich fände allerdings Körperstrafen in einigen Fällen angebracht. Dass man einfach mal kräftig in den Arsch getreten bekommt. In Singapur gibt es ja ähnliches. Es ist ja ohne weiteres möglich jemandem in angemessenen maße (darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben...) Schmerzen zuzufügen ohne dass er Schäden davon trägt. |
29.06.2005, 16:55 | #62 (permalink) |
Gast
Beiträge: n/a
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AW: Todesstrafe
Wasn das für ne Frage?
Das wär ja ne Rückentwicklung um 100% , als nächstes kommt dann ob mal Folter und die Prügelstrafe wieder einfüren soll....und in 10 Jahren laufen wir dann wieder mitn Knüppel über der Schulter rum.... DAGEGEN! |
29.06.2005, 18:18 | #64 (permalink) |
AW: Todesstrafe
Ich glaube wir haben eine etwas sehr romantische Vorstellung von Körperstrafen. Es geht bei den juristischen Körperstrafen keineswegs darum das irgendein Unhold mal kurz den Arsch voll bekommt. Körperstrafen waren seit jeher äußerst brutal und haben zumeist dauerhafte Verletzungen und Verkrüppelungen hinterlassen. So galt beispielsweise das berüchtigte Spießrutenlaufen bei dreimaliger Verhängung einem Todesurteil gleich. Auch das Auspeitschen als Strafe in der Seefahrt oder als Kriminalstrafe war keineswegs eine symbolische Bestrafung sondern das Resultat war, das sich das Fleisch des Delinquenten von den Knochen löste. Peitschen wurden zuvor in Urin getränkt und waren durch Draht, Knoten oder scharfe Metallkrallen verstärkt. Das ist es was man unter Körperstrafen versteht! Wer es genauer wissen will, hier nochmal die Buchempfehlung: Richard Wrede - die Körperstrafen - Amazon, ~10 Euro Körperstrafen sind nach meiner Auffassung mit unserem Rechtsverständnis unvereinbar weil sie eben die Würde des Menschen -auch des Straftäters- mißachten. Wir müssen uns schon die Mühe machen, Sanktionsmöglichkeiten zu finden, die sich nicht auf dem Niveau der Tat des Täters befinden. Der heutige Ruf nach Körperstrafen klingt für mich etwas nach Frustration über die Hilflosigkeit gegenüber gewissen Verrohungstendenzen. Allerdings kommt da wieder der ungezügelte Vergeltungsdrang durch, der zwar unser Gefühl befriedigt, den Unhold in die Schranken gewiesen zu haben; allerdings wird die Aufgabe des strafrechts nicht erreicht: die Schaffung von Rechtsfrieden. Wer sich mit der früher üblichen Vollstreckung von Todes- und Leibesstrafen in der Öffentlichkeit beschäftigt wird sehr schnell feststellen das diese Schauspiele nie abschreckenden Charakter hatten. Im Gegenteil, bei derartigen Veranstaltungen herrs´chte eine morbide Volksfeststimmung, der Pöbel sah es als willkommmene Freizeitgestaltung an, bei einer Hinrichtung oder anderweitiger Vollstreckung anwesend zu sein. Das entlarvt die Motivation dieser Strafe: Lust auf ungezügelte Rache und Sadismus, Ergötzen am Leiden anderer. Das sind Verhaltensformen die in einem modernen Rechtswesen keinen Platz haben und ich bin nicht bereit die morbiden Phantasien irgendwelcher degenerierten Individuen durch öffentliche Hinrichtungsspektakel zu befriedigen! Selbst die moderne Freiheitsstrafe ist in ihrer Wirkung nicht unumstritten. Historisch war Freiheitsentzug als Strafe swowieso nie wirklich bedeutsam. Haft diente meist nur dazu den Täter zu sichern bis die Strafe an ihm vollstreckt werden konnte. Daher war der Übergang von der Körper- zur Freiheitsstrafe ja so bedeutsam. Allerdings zweifelt man auch heute noch daran das eine Inhaftierung einen Täter wirklich bessert. Das ist ja Strafzweck unseres modernen Strafrechts. Aber bis heute gibt es keine wirklich überzeugende Alternative zur Inhaftierung, welche mit unseren ethischen Vorstellungen vereinbar ist und gleichzeitig die gewünschte Wirkung erzielt. Bei der Diskussion über Strafe -Freiheitsstrafe- sollte man sich auch immer die Frage stellen: was passiert wenn der Täter aus der Haft entlassen wird? Kann es gelingen durch die Haft den Täter zu bessern und ihn zukünftig von Straftaten abzuhalten? Das ist in erster Linie keine Diskussion über die Dauer der Strafe. Denn wie ich bereits sagte, wer nach zehn Jahren das Unrecht noch nicht eingesehen hat wird es nach 15 Jahren auch nicht tun. Also kann die Dauer der Strafe nur durch zwei Aspekte begründet werden: erstens den Sicherungszweck. In dieser Zeit wird ein Täter an der Begehung weiterer Taten gehindert. Das ist strenggenommen aber nicht einmal Aufgabe des Strafrechts, sondern des präventiven Polizeirechts. Exkurs: in jedem deutschen Landespolizeigesetz gibt es eine Vorschrift über den Unterbindungsgewahrsam. Da können Polizeibehörden Personen, welche eine Straftat planen zur Verhinderung einer solchen tat in Unterbindungsgewahrsam nehmen. Das geht in eigener Machtvollkommenheit der Polizei bis zum ende des darauffolgenden Tages, in Bayern z.B. auf Anordnung eines Verwaltungsgerichts aber durchaus bis zu zwei Wochen. Bayern hat davon z.B. bei den angekündigten Störungen der castor- Transporte nach Gorleben Gebrauch gemacht und einen Organisator der Protestbewegung, der Schienenblockaden organisieren wollte mit richterlichem Beschluß für die Dauer des Transports in Unterbindungsgewahrsam genommen. Der zweite Aspekt der Dauer der Strafe ist die Bewertung des geschützten Rechtsgutes. Ein Diebstahl bedarf keiner hohen Strafandrohung weil die Sozialschädlichkeit insgesamt geringer ist als die eines Tötungsdeliktes. Die "Wertschätzung" eines Rechtsgutes drückt sich demnach in der Strafandrohung aus. Historisch ist es auch so das Eigentumsdelikte weit höher bewertet waren als Körperverletzungsdelikte, d.h. dem Schutz des Eigentums wurde ein wesentlich höherer Schutz eingeräumt als dem Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit. Ein kurioses Beispiel ist der Straftatbestand der Jagd- und Fischwilderei. Da wird nämlich kein Eigentums- sondern ein Aneignungsrecht geschützt, beruhend auf dem längst überholten Jagdprivileg des Adels als Jagdausübungsberechtigtem. Wie man sieht ist unser heutiges Recht noch immer mit Wertvorstellungen durchsetzt die wir bei näherem Hinsehen so gar nicht teilen. Deshalb noch einmal der Aufruf: bevor man über Strafen, Strafhöhe und Strafausführung nachdenkt sollte man sich mit dem Strafzweck beschäftigen: was wollen wir erreichen mit Strafe? Warum braucht ein Rechtssystem überhaupt Strafandrohungen? Und was wollen wir als Träger der Rechtsordnung mit diesen Strafandrohungen überhaupt ausdrücken?
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29.06.2005, 19:18 | #65 (permalink) |
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Beiträge: 976
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AW: Todesstrafe
Kann ich dir sagen: Damit hier nicht die Anarchi ausbricht und jeder machen kann was er will. Anders ausgedrückt: damit eine gewisse Ordnung aufrecht erhalten werden kann. Die Inhaftierung an sich in Frage zu stellen finde ich lächerlich. Wie würdest du denn einen Mörder, Kinderschänder bestrafen ohne Inhaftierungsmaßnahme? Es gibt nunmal keine Alternative. |
29.06.2005, 20:21 | #67 (permalink) |
AW: Todesstrafe
Tja, die Inhaftierung als Strafe ist aber erst 200 Jahre alt. Vorher galt: Rübe ab oder noch früher einfach in der Natur aussetzen. Im übrigen stelle ich gar nicht in Frage das es ein strafrechtliches sanktionssystem geben muß. das ist Voraussetzung dafür das der Staat seinen Gewaltmonopol durchsetzen kann. Ohne den durchgesetzten Strafanspruch des Staates funktioniert eine Gesellschaftsordnung nicht. Ich werfe nur die Frage auf ob wir mit der Freiheitsstrafe da angelangt sind wo wir hinwollen. Oder ist die Freiheitsstrafe lediglich ein Kompromiß weil wir bisher nichts besseres gefunden haben? Und die Frage beantwortet sich doch daraus was wir von Strafe erwarten und was sie tatsächlich leistet. Wer die Abschaffung der strafrechtlichen Sanktion fordert fordert zugleich das Ende der modernen Zivilisation. Eine Gesellschaft kann nur existieren wenn es verbindliche regeln gibt die durchgesetzt werden. Die Frage ist nur: welche Sanktion im Falle eines Regelverstoßes nutzt der Gesellschaft am meisten? Nicht bloß im Hinblick auf die Sühne der Tat sondern auch im Hinblick auf ihr Selbstverständnis? Denn wenn es nur darum geht dem Täter ein Vergeltungsübel zuzufügen (das ist tatsächlich die gegenwärtige Definition im Strafrecht) dann können wir die Todesstrafe beibehalten. Aber irgendetwas in unserer moralisch- ethischen Entwicklung sagt uns das Töten als Vergeltung zumindest nicht unproblematisch ist. Demzufolge hat Strafe nicht nur Auswirkungen auf den Täter sondern auch auf die Strafe verhängende Gesellschaft. Und das ist der interessante Aspekt daran.
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29.06.2005, 21:48 | #68 (permalink) |
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AW: Todesstrafe
Ich bin der Meinung, dass egal welche Strafe auf welches Verbrechen aussteht, man nicht immer den Verurteilten bessern kann. So eine allgemeine Strafe gibt es gar nicht.
Was wollen wir mit den Strafen erreichen? Das ist sicherlich ein anstrebsames Ziel, aber das würde bedeuten, für jedes Strafdelikt, eine individuelle Strafe zu verhängen. Ist ein dermaßen individuelles Rechtssystem wirklich realistisch und letztendlich als "fair" zu kennzeichnen? Insofern ist die Freiheitsstrafe nicht das, was wir wollen (wie oben gezeigt) aber dennoch die einzige, andere Lösung.
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09.07.2005, 20:49 | #69 (permalink) |
Registriert seit: 29.05.2005
Beiträge: 42
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AW: Todesstrafe
Sehr interessante Diskussion...danke für den Link Clausewitz
Ich stehe auch auf dem Standpunkt, das wir uns durch Todes- oder Verstümmelungsstrafen nicht wieder ins Mittelalter zurück versetzen sollten. Würden wir damit anfangen, könnten wir uns gleich bei so einigen rückständigen Ländern einreihen, wo z.B. Enthaupttungen noch Feste nach sich ziehen. Vielmehr sollte der Täter Zeit für Reue haben. Er soll begreifen, was er getan hat und lange Zeit darüber nachdenken. Unter bestimmten Umständen können Gefangene ja einen Teil ihrer "Kosten" durch Arbeit erwirtschaften ( Bsp: "Knastwerkstätten" ). Sicherlich muss man dieses System weiter ausbauen und verfeinern, um die Kosten im Strafvollzug zu senken...aber das war ja nicht das Thema. Der grösste und wichtigste PUnkt gegen die Totesstrafe wurde hier mehrfach angesprochen: Unsere Verfassung Ich bin ein grosser Anhänger unseres Grundgesetzes und der Demokratie. Als solches respektiere ich die in der Verfassung aufgeschriebenen Regeln....also scheidet die Totesstrafe als Option im Strafvollzug aus. Neben der Wirkungslosigkeit in der Abschreckung und dem vergleichsweise niedrigen Spareffekt ( Wartzeit in einem Hochsicherheitstrakt, Kosten für die Überprüfungen des Urteils, Kosten für die Hinrichtung an sich, usw. ) bleiben nicht viele Gründe für diese Strafe. Besser ist IMO Schwerverbrecher bis an ihr Lebensende ohne Entlohnung hart arbeiten zu lassen. Neben der Gewissheit nie wieder in Freiheit zu leben sollten diese Menschen niedrige und evtl. auch gefährliche Arbeiten verrichten, um ihre SChuld an der Gesellschaft abzuzahlen. |
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